Wohl nirgends sonst als in der Reisbacher Gegend kennt man die Heilige
Wolfsindis. In der Schenkungsurkunde, nach der Reisbach dem Kloster Wessobrunn um das
Jahr 760 überbegen worden ist, wird ausdrücklich erwähnt, daß
hier die heilige Jungfrau und Martyrin begraben liegt. Heute steht im Osten des Marktes,
an einem anmutigen Hang, ein ihr geweihtes Kirchlein, davor sprudelt eine Quelle, die
seit langem heilkräftigen Ruf genießt. An die spärlichen historischen
Tatsachen knüpft sich eine Legende, die Weihbischof Ignaz v. Streber, ein gebürtiger Reisbacher (im
"Landboten" vom 2.1.1843) folgender Art erzählt:
"Das ebenso schöne wie fruchtbare Vilstal ist von zwei mäßigen Hügelreihen eingeschlossen, welche abweichselnd mit Felder, Waldungen, Kirchen und Schlössern bedeckt sind. Ein solches Schloß ist die eine halbe Stunde von Reisbach entfernte Wart, von deren Zinnen man das ganze üppige Tal überblickt bis hinab in das Waldgebirge. In dieser Burg, so geht die Sage, hausten in grauer Vorzeit Grafen, deren Namen unbekannt, deren Sitz aber frühzeitig die Warter eingenommen, An den morschen Stamm des Heidentums war noch kaum die Axt gelegt, aber zu den Ohren des Burgfräuleins Wolfsindis war die Kunde gedrungen und in ihrem frommen Sinn hatte die Botschaft freudigen Anklang gefunden. Doch die Veränderung, die im Innern der Jungfrau voergegengen, blieb dem heidischen Vater nicht verborgen, dem neuen Glauben sollte sie entsagen, der so viele Beseligung in ihr Herz gegossen, zu dem Götzendienst zurückkehren, der ihr zum Abscheu geworden. Menschenfurcht hatte sie verabscheuen gelernt, aber zum ersten Male war sie ihrem Vater ungehorsam. Dieser lies die zarte Jungfrau von einem wilden Pferd heranschleppen in das Tal, und an einem Hügel, einige hunderte Schritte von Reisbach entfernt, mußte sie den Tod einer Martyrin sterben. Ihre Gebeine wurden später gesammelt und in der dem hlg. Michael geweihten Pfarrkirche zu Reisbach begraben. An der Stelle, wo ihr unschuldiges Blut geflossen, sprudelt eine frische Quelle, und niemand kommt dort hin, der nicht in dem hellen Wasser seine Augen badet; denn die Quelle steht im Ansehen heilender Kraft." Über die Verehrung der hl. Wolfsindis in Reisbach liegen Nachrichten
aus älterer Zeit nicht vor. P. Coelestin Leutner von Wessobrunn berichtet 1753,
daß die Verehrung der Heiligen in Wessobrunn allmählich aufgehört habe,
nachdem Reisbach gegen Ende des 12. Jahrhunderts dem Kloster genommen worden war. Eine
Überlieferung, wonach die Gebeine, in Gold gefaßt, bis in die Zeit des 30jährigen
Krieges auf einem Seitenaltar der Pfarrkirche ausgestzt gewesen seinen, entbehrt der
Beglaubigung. Nach derselben Überlieferung wurden die Reliquien von plündernden
Horden des wertvollen Schmuckes beraubt und die Gebeine verstreut. Als Reisbach den
Grafen von der Wart zugeteil war, zog sich der Kreis der Wolfindisverehrer immer enger. Erst mit dem Aufblühen der Wallfahrt zu St. Salvator wurde auch die Verehrung der hl. Wolfsindis wieder enger. Der Bierbauer Niedermaier von Reisbach ließ an der Stelle, wo nach der Legende die hl. Wolfsindis starb, eine Säule mit dem Bildnis der Heiligen errichten. Eine besondere Verehrung zur Heilgen seines Heimatortes hegte der Professor und Kanonikus in München, Maximus von Imhof. Er forschte eingehend über Leben und Tod der hl. Wolfsindis und beabsichtigte, darüber ein Buch zu schreiben. Die Manuskripte gingen aber bei seinem Tod verloren. Auf Betreiben dieses gelehrten Herrn gaben sich "Edle Gebuertige", die Marktbewohnerschaft und viele Guttäter der Pfarrei zusammen und brachten die Mittel zum Bau eines Kirchleins auf. Über der Quelle wurde das Kirchlein im Jahre 1816 erbaut. Der Einweihung und Benutzung des Gotteshauses setzten sich aber große Hindernisse entgegen. Der Sache erstand aber ein mächtiger Patron in der Person dees Weuhbiscchofs Ignaz v. Streber. Er vermochte die Genehmigung zum Fortbestand des Kircjliens von den Behörden zu erwirken. Mit dem Bau des Kirchleins hob sich die Wallfahrt zur hl. Wolfsindis zusehens. Viele Votivtäfelchen zeugen davon, daß St. Wolfsindis bis heute als Schutzheilige verehrt wird. Jährlich am 2. September feiert die Pfarrgemeinde Reisbach den Namenstag der Heiligen mit Prozession und Gottesdienst. Das "Wolfsindiswasser" wird von vielen Reisbacher Familien geholt. Viele Mädchen und Frauen tragen bis heute den Namen der Heiligen. Das Wolfsindis Kirchlein wurde in den letzten 2 Jahren renoviert und ist immer noch eine Reise bzw. Besichtigung wert. Die Erbauung der Kapelle "Auf Betreiben des gelehrten Herrn Professor und Kanonikus in München, Maximus von Imhof, der für die Heilige seines Heimatortes eine besondere Verehrung hegte, gaben sich Edle gebürtige, die Marktbewohnerschaft und viele Guttäter der Pfarrei zusammen und brachten die Mittel auf zur Erbauung eines Kirchleins über der reichen Quelle, an dem Orte, der nach der Legende als die Stelle des Hinscheidens der hl. Wolfsindis bezeichnet ist." Im Jahre 1818 wurde das Kirchlein in anmutiger Lage erbaut. Nach Aufzeichnungen eines Reisbacher Bürgers jener Zeit hat das Landgericht und Kreisamt Passau aber das Kirchlein gesperrt und den Auftrag gegeben, dasselbe abzubrechen. Durch die Bemühungen des Weihbischofs Ignaz von Streber in München gelang es, die Genehmigung zum Fortbestand des Kirchleins zu erwirken. Dieses wurde dann auch von Weihbischof von Streber geweiht. Seit 1846 besitzt die Kirche einen Altar aus Marmor, der durch ein Eisengitter vom Schiff abgeschlossen ist. 1847 schenkte eine Regensburger Künstlerin, Frl. Waldhäuser, der Kirche ein selbstgemaltes Altarbild: St. Wolfsindis in jungfräulicher Schönheit, reich gewandet. Zwei Engel tragen Schwert, Palme und ein Überfließendes Wasserkrüglein. Ein zweites Ölgemälde zeigt St. Wolfsindis auf den Wolken thronend und die zu ihren Füßen liegenden Kranken heilend. Dieses Gemälde ließ Maximus von Imhof von dem Münchner Professor Hauber anfertigen. Unter dem Altar quillt die Quelle aus dem Erdinnern. Sie wird in einem Stahlrohr nach außen geleitet, wo sich das Wasser in ein Becken ergießt. Gläubige waschen sich mit Wasser Augen oder kranke Glieder. Das Innere der Kapelle schmücken viele Votivtafeln und Votivgaben als "Exvoto" in erhörten Anliegen auf die Fürbitte der Heiligen. Die Kapelle litt unter Feuchtigkeit; denn die Quelle floß unter dem Gotteshaus hinweg. H.H. Geistl. Rat M. Stangl ließ darum das Mauerwerk im Sommer 1951 trockenlegen und das Innere renovieren. Vor der Kapelle wurde ein großes Holzkreuz errichtet, das sich zuvor im Fredhof befand. Der Ausfluß der Quelle erhielt eine Einfassung aus Granitquadern. Im Eingang wurde ein von P. Matthäus Kalt gemaltes Bild angebracht, die hl. Jungfrau und Märtyrin Wolfsindis darstellend, wie sie von einem Rosse zu Tode geschleift worden war. Um die Kapelle entstand eine Anlage, um die sich besonders der inzwischen verstorbene Kaufmann Franz Silbereisen verdient gemacht hat. |